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Fallstudien aus Südasien und Südamerika

Fallstudien aus Südasien und Südamerika

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Maria Schneider, Osvaldo Saldias

Der Nutzen des Internets für die Menschenrechte in Entwicklungsländern wird seit dem arabischen Frühling oft auf spontane online organisierte Protestaktionen reduziert. Es gibt jedoch in verschiedenen anderen Regionen der Welt bereits seit ein paar Jahren strukturierte Methoden, das Internet zum Ziele der Menschenrechtsförderung einzusetzen.

Den Austausch zwischen Menschenrechtsschützern gibt es in der modernen Zeit spätestens seit der universellen Deklaration der Menschenrechte 1948. Dieser Austausch hat sich durch die positiven Auswirkungen des Internets stark intensiviert und verändert. Er hat nicht nur eine höhere Qualität sondern auch eine andere Beschaffenheit erlangt. Die maßgeblichen Neuerungen bestehen in einem wesentlich größeren Teilnehmerkreis, einem gesteigerten Lernen voneinander, einer stärkeren/ schnelleren Ansammlung von Wissen, dem Einsparen von Kommunikationskosten, einer Überwindung zeitlicher und räumlicher Grenzen und einem kontinuierlicher stattfindenden Austausch.

Der Austausch untereinander ist für Netzwerke besonders wichtig, weshalb sich Netzwerke für eine detaillierte Darstellung der Neuerungen sehr gut eignen. Um die positiven Effekte des Internets auf die Menschenrechtsarbeit zu verdeutlichen, werden somit zwei Netzwerke vorgestellt, die sich dem Schutz der Menschenrechte verschrieben haben: Das südasiatische Netzwerk South Asia Right to Information Advocates Network (SARTIAN) – ein Partner der Friedrich-Naumann-Stiftung für die Freiheit – ist ein Verbund von südasiatischen zivilgesellschaftlichen Organisationen, die sich in ihren Ländern für das Recht auf Information einsetzen.

Das Netzwerk von Ombudsleuten in der Andengemeinschaft wurde durch die Einführung der Internetplattform e-CAN ermöglicht und hat bislang wichtige Reformen zum Schutz der Menschenrechte sowie zur Korruptionsbekämpfung ermöglicht.

In den untersuchten Regionen sind die Menschenrechte auf dem Papier garantiert, mit der praktischen Umsetzung hapert es jedoch. Auch in der vordigitalen Zeit gab es innovative Ideen und Ansätze, die Umsetzung der Menschenrechte zu verbessern. Das Internet liefert den Akteuren jedoch ganz neue Ansatzpunkte, um für die Einhaltung der Menschenrechte einzutreten. Information, Austausch, Wissen und Koordination sind für einen besseren Schutz der Menschenrechte entscheidende Faktoren. Anhand des Internets werden sie zur Geltung gebracht.

Inhaltsverzeichnis

Welche Erfahrungen machen Menschen in Entwicklungsländern?

In sogenannten Entwicklungs- und Schwellenländern wird das Internet als Chance angesehen. Es ermöglicht den Menschen den Zugang zu unzähligen Informationen aus dem In- und Ausland. Ausländische und internationale Quellen sind besonders für Bewohner eher restriktiver Staaten wichtig, um sich ein ausgeglichenes und umfassendes Bild von aktuellen Geschehnissen sowie langfristigen Entwicklungen machen zu können. Zudem ist über E-Mail und soziale Netzwerke eine nahezu ungehinderte weltweite Kommunikation möglich. Viele Menschen aus Entwicklungs- und Schwellenländern leben aus beruflichen Gründen oder zwecks Ausbildung im Ausland. Die neuen Kommunikationsmedien ermöglichen oder erleichtern es den weit entfernt lebenden Familienmitgliedern, Kontakt untereinander zu halten. Die in Deutschland und unter vielen Experten dieser Initiative diskutierten Fragen nach dem Schutz persönlicher Daten sowie hinsichtlich aus Datenmissbrauch resultierender Gefahren finden in Entwicklungs- und Schwellenländern eher weniger Beachtung.

Kann die Menschenrechtsarbeit in diesen Ländern verbessert werden, indem sich die Akteure online vernetzen?

Trotz andauernder Versuche von staatlichen Seiten, die Informationsfreiheit durch Zensur zu beschränken, hat sich die Vernetzung und Zusammenarbeit von NGOs über nationale Grenzen hinweg verstärkt. Noch nie waren NGOs so stark und gut vernetzt wie heute. All diese Aktivitäten finden insbesondere in Netzwerken statt, weshalb sich diese für eine detaillierte Darstellung der Neuerungen sehr gut eignen. Der Begriff Netzwerk ist hierbei im Sinne des Begriffs „advocacy coalition“ (Jenkins-Smith & Sabatier 1994) gemeint, wo der Fokus auf dem institutionellen Wandel liegt, der durch Akteure verursacht wird, die ein bestimmtes Policy-Ziel teilen und eine gemeinsame Vorstellung von Normen und Institutionen haben.

Um die positiven Effekte des Internets auf die Menschenrechtsarbeit zu verdeutlichen, werden im Folgenden zwei Netzwerke vorgestellt, die sich dem Schutz der Menschenrechte verschrieben haben. Die Mitglieder der Netzwerke beschäftigen sich mit derselben Thematik/Problematik und verfolgen alle die gleichen oder sehr ähnlichen Ziele. Der Zusammenschluss der Netzwerke erfolgte somit nicht aufgrund eines gemeinsamen Berufs, sondern aufgrund von gemeinsamen Zielen. Diese gemeinsamen Ziele halten das Netzwerk auch über einen längeren Zeitraum zusammen, anders als bei spontanen Interessengruppen, die sich auf einer Ad-hoc-Basis zusammenfinden.

In den untersuchten Regionen sind die Menschenrechte zwar auf dem Papier garantiert, mit der praktischen Umsetzung hapert es jedoch. Auch in der vordigitalen Zeit gab es innovative Ideen und Ansätze, die Umsetzung der Menschenrechte zu verbessern. Das Internet liefert den Akteuren jedoch ganz neue Ansatzpunkte, um für die Einhaltung der Menschenrechte einzutreten. Ein lateinamerikanisches Beispiel hierfür wäre das interamerikanische System für Menschenrechte, insbesondere der Interamerikanische Gerichtshof.

Für Asien kann man die Working Group for an ASEAN Human Rights Mechanism als ein Beispiel nennen, welche bereits 1995 gegründet wurde. Das Internet ist keine Voraussetzung dafür, dass sich Menschen länderübergreifend zusammenschließen, um sich für die Einhaltung der Menschenrechte in ihrer Region einsetzen. Es prägt jedoch die Art und Weise sowie die Qualität der Arbeit innerhalb solcher Netzwerke.

Welche Beispiele gibt es?

Es gibt weltweit mit Sicherheit eine Vielzahl von Menschenrechtsnetzwerken, die als gute Beispiele geeignet wären. Es geht nicht darum, diese erschöpfend aufzuführen. Im Folgenden werden vielmehr zwei Netzwerke exemplarisch vorgestellt.


Andenstaaten: internetbasierte Netzwerke und staatliche Akteure

Netzwerke gibt es auch im öffentlichen Bereich, etwa bei staatlichen Verwaltungen. Meistens agieren sie dabei im Rahmen des öffentlichen Handelns, welches in der Regel von Gesetzen und Verordnungen vorgegeben ist. Wenn sich Staaten vernetzen, geschieht dies oft über die höchstmögliche Instanz, etwa Gipfeltreffen oder politische und wirtschaftliche Foren, bei denen die Staatsoberhäupter das Handeln übernehmen. Darüber hinaus erfolgt die gängige Vernetzung über diplomatische Kanäle. Diese sind oft professionalisiert und verfolgen eine gesetzte auswärtige Strategie, die im modernen hierarchischen Staat wenig Autonomie aufzeigt. Die transnationale Vernetzung von Behörden ist – so betrachtet – eine monolithische Erscheinung, bedingt von hierarchischen staatlichen Strukturen und dem Prinzip des Gesetzesvorbehalts unterstellt. Deshalb lässt sich im Bezug auf internetbasierte öffentliche Netzwerke eine gesonderte Logik erkennen.


Eigenschaften und Schranken der öffentlichen Verwaltung

Behörden handeln nicht auf eigene Initiative; sie handeln aufgrund von ausdrücklichen Ermächtigungen. Dieses Prinzip dient grundsätzlich dem Schutz des Einzelnen vor einem willkürlichen Staat. Es ist eine Errungenschaft der liberal-demokratischen Staaten. Es hat aber auch andere Folgen. Die Überwindung von geographischen Distanzen ist auch derselben Handlungslogik unterworfen. Behörden dürfen nicht ohne Weiteres in andere Länder reisen; sie benötigen dafür eine gesetzliche oder gesetzesähnliche Genehmigung. Selbst manche Saatpräsidenten brauchen eine parlamentarische Ermächtigung, um Staatsbesuche zu erstatten. Dies soll nicht heißen, dass Behörden weniger transnationale Kontakte knüpfen – ganz im Gegenteil – oder dass sie weniger Foren besuchen – dies schon gar nicht! Gemeint ist hiermit, dass die Überwindung von Distanzen zur Pflege von transnationalen Netzwerken einer eher rigiden Staatstruktur unterworfen ist. Es mag viele gute staatstheoretische Gründe dafür geben, jedoch ergeben sich auch Nachteile, die sich gegen das öffentliche Interesse richten, insbesondere gegen den Schutz der Menschenrechte.


Überwachung des Staats durch den Staat

Manche Behörden müssen flexibel und unabhängig von hierarchischen Strukturen sein, um die eigenen Ziele erreichen zu können. Typischerweise sind es Aufsichts- oder Kontrollorgane, welche den eigenen Staat überwachen sollen, die am meisten Flexibilität und Autonomie brauchen. Menschenrechtsagenturen oder Korruptionsbekämpfer würden wirkungslos bleiben, wenn sie keinerlei Möglichkeit hätten, sich Informationen zu beschaffen. In den letzten Jahrzehnten ist dies in Lateinamerika ein besonderes Problem gewesen, nicht zuletzt wegen der Frage des Rechtstaates. Dagegen gibt es schon seit Längerem regionale Initiativen zur Förderung von Menschenrechten, Demokratie und Rechtsstaatlichkeit. Vor allem Staaten, die unter einem autoritären Regime gelitten haben, scheinen sich von der Hoffnung tragen zu lassen, multilaterale Verpflichtungen und ein Bekennen zu Demokratie und zu den Menschenrechten würden einem Rückfall in die Tyrannei vorbeugen. Obwohl es seit der dritten Demokratisierungswelle der 90er Jahre manche bemerkenswerte Erfolge gab, sehen sich fast alle regionalen Bestrebungen denselben Schwierigkeiten ausgesetzt: Die Netzwerke wurden bislang nur auf allerhöchster Ebene gepflegt. Staatsbesuche, staatliche Kooperation und gemeinsame Initiativen waren bislang von den Regierungsträgern geprägt. Viele Autoren sprechen im Fall des Multilateralismus in Lateinamerika von einer andauernden „Gipfelpolitik“. Internationale Kooperation wird daher nur betrieben, solange es der Regierung passt. Die mit der Überwachung des eigenen Staates beauftragten Behörden haben es damit besonders schwierig, Kontakte und Informationsaustausch mit internationalen Pendants aufnehmen zu können. Selbst wenn es eine Gesetzesgrundlage für eine internationale Kooperation gäbe – was vielmals der Fall ist –, kann die Ausführung sehr von der eigenen Regierung behindert werden, indem die Kosten für Reisen oder die Genehmigung für den Auslandsaufenthalt nicht rechtzeitig oder gar nicht gewährt werden.


Der Einsatz von Internetplattformen zum Schutz der Menschenrechte und zur Bekämpfung der Korruption in der Andengemeinschaft

Der Fall der Korruptionsbekämpfung in der Andengemeinschaft ist beispielhaft dafür, wie eine Internetplattform ein Behördennetzwerk ermöglichen kann. Die Andengemeinschaft (CAN, http://www.comunidadandina.org) ist eine regionale Organisation. Sie besteht aus vier südamerikanischen Staaten: Kolumbien, Ecuador, Peru und Bolivien. Ähnlich wie die damalige Europäische Gemeinschaft strebt sie seit den 60er Jahren einen gemeinsamen Markt an, mit dem Endziel einer vollkommenen politischen Union. Dieses Ziel hat die Andengemeinschaft bis heute nicht völlig erreicht. Interessanterweise wurden aus wirtschaftlichen Zielen auch politische Ziele, wie etwa Schutz der Menschenrechte, Demokratie und Good Governance auf supranationaler Ebene. Dazu gibt es viele formelle Erklärungen und Abkommen. Erwartungsgemäß hat die Tradition der „Gipfelpolitik“ den Vollzug dieser Bestrebungen verhindert, indem Informationen, Berichterstattungen oder amtliche Kooperation zwischen den einschlägigen Agenturen erschwert werden. Vor 2003 war kaum eine reale Wirkung der regionalen Bemühungen zu erkennen. Ab 2003 jedoch erfolgte der Durchbruch. Das Sekretariat der Andengemeinschaft schuf eine internetbasierte Plattform, über die nationale Vertreter untereinander kommunizieren können: „e-CAN“. Die Plattform entspricht einem klassischen Government-to-Government-Muster des E-Governments (G2G) und steht allen Ebenen der Mitgliedstaaten zur Verfügung. Gedacht war dieses Instrument zur Harmonisierung von Zollbestimmungen, da Zollbeamte sowieso unter Anweisungen von Wirtschafts- und Außenministern handeln würden. Vermutlich stellte sie keine erhebliche Bedrohung für die Regierungen dar. Die Tür öffnete sich aber auch für nationale Ombudsleute (Defensores del Pueblo) wie auch für Korruptionsbeauftragte. Die Plattform ermöglichte die gemeinsame Vereinbarung und Gestaltung von Arbeitsprogrammen und -methoden. Wichtiger aber war der Informationsaustausch. Dieser Austausch ermöglichte eine gemeinsame Agenda und die Mitwirkung von anderen Akteuren, wie zum Beispiel nationale Abgeordnete mit hoher inhaltlicher Konvergenz und Menschenrechtsaktivisten. Die virtuellen Konferenzen wurden öffentlich zugänglich und die Ergebnisse protokolliert und auf der Webseite des Sekretariats veröffentlicht. Schaut man sich den Ablauf der verschiedenen Streaming-Konferenzen an, wird ersichtlich, wie diese ununterbrochen stattfinden – wie auch die Videokonferenzen der Zollbeauftragten. Das Ergebnis ist beachtlich: Seit der Einführung der Plattform ist es den nationalen Behörden gelungen, unter Mitwirkung von innerstaatlichen Akteuren Verfassungsänderungen zu erzwingen, die nun Menschenrechtsverletzungen und Korruptionsdelikte besonders streng bestrafen. Das ist eine Entwicklung, die man in Europa bisher so nicht kennt. Besonders wirkungsvoll hat sich diese Tendenz bei der Verfolgung des ehemaligen peruanischen Präsidenten Alberto Fujimori gezeigt. Eine ernsthafte Verfolgung war vorher – auch in Zeiten der Demokratie – aufgrund von politischen Bastionen und verankerten autoritären Strukturen nicht denkbar.

Zwischenfazit

Die Entwicklung ist allerdings noch jung und es gibt kaum Evaluationen dazu. Es ist aber bemerkenswert, wie stark die Korrelation zwischen dem Handeln dieser Netzwerke einerseits und den greifbaren politischen Veränderungen andererseits ist. Dieses Netzwerk basiert auf schlichtem Zusammenführen von Informationen. Dieser Informationspool zeigt sich besonders wirkungsvoll für eine gemeinsame Gestaltung einer gemeinsamen transnationalen Agenda. Die Geschichte der Andengemeinschaft legt nahe, dass es auf diese Weise möglich ist, die eigenen Regierungen zu demokratischen Veränderungen zu verpflichten, die vorher staatlich isoliert nicht möglich gewesen wären.


Südasien: internetbasiertes Netzwerk von Nichtregierungsorganisationen

Wir befinden uns in einer Zeit der Informationsfülle. Technologien, welche die Speicherung, Vereinfachung und das extrem schnelle Kommunizieren von Informationen ermöglichen, haben die Verfügbarkeit von Informationen immer stärker zu einer grundlegenden Voraussetzung für Entwicklungsprozesse gemacht. Der vereinfachte Zugang zu sowie die Verfügbarkeit von Informationen sind eine globale Quelle für die Entfaltung der menschlichen Potenziale. So vielfältig wie die Informationen selbst, so vielfältig ist die Anzahl der Personen, die sie generieren.

Das Fallbeispiel betrifft Informationen, die unter der Kontrolle von Regierungen oder Verwaltungsbeamten stehen. Diese produzieren Informationen nicht zu ihrem eigenen Nutzen, sondern in erster Linie zum Nutzen der Bürger, für die sie letztendlich tätig sind. Das Generieren von Informationen geschieht mittels öffentlicher Gelder, es wäre somit unangemessen, diese Informationen den Steuerzahlern, also den Bürgern, vorzuenthalten.

Informationen bereitzustellen ist demnach kein Gefallen, den Staatsleute den Bürgern erweisen können, sondern deren Pflicht. Dennoch ist der Informationsfluss von öffentlichen Behörden an die Bürger oft spärlich oder wird gänzlich verweigert. Deshalb ist es wichtig, das Recht der Bürger auf Information gesetzlich zu verankern. Es geht beim Recht auf Information jedoch nicht nur um diejenigen Informationen, welche die Verwaltung generiert, sondern auch um Informationen über Verwaltungsvorschriften und Verwaltungsabläufe selbst. Damit wird durch das Recht auf Information das komplette Regierungs- und Verwaltungshandeln transparenter.

Das südasienweite Netzwerk South Asia Right to Information Advocates Network (SARTIAN), das von der Commonwealth Human Rights Initiative (CHRI) – einem Partner der Friedrich-Naumann-Stiftung für die Freiheit – betreut wird, ist ein Verbund von mehr als zwanzig zivilgesellschaftlichen Organisationen aus Indien, Pakistan, Afghanistan, Bangladesch, Nepal, Sri Lanka und den Malediven.

Die NGOs setzen sich in ihren Ländern alle für das Recht auf Information (Right to Information, RTI) ein. In Staaten, in denen es bereits entsprechende Informationsfreiheitsgesetze gibt, wie Indien, Nepal, Bangladesch und Pakistan, liegt der Fokus der Arbeit auf einer effizienten Umsetzung und Anwendung der Gesetze. NGOs in Sri Lanka, den Malediven und Afghanistan, wo noch keine Gesetze verabschiedet wurden, betreiben überwiegend Lobbyarbeit für die Einführung von solchen Bestimmungen. Die Mitglieder, die sich in ihren Ländern bereits erfolgreich für die Einführung von Informationsfreiheitsgesetzen eingesetzt haben, können die NGOs in den Staaten, die noch keine entsprechenden Gesetze haben, durch ihr Wissen und ihre Erfahrungen unterstützen.

Die Mitglieder von SARTIAN tauschen innerhalb des Netzwerkes ihr Wissen und ihre Erfahrungen zu RTI aus. SARTIAN ist eine internetbasierte Plattform, durch die Informationen zu Entwicklungen und Debatten zu RTI in den Ländern Südasiens leicht allen Mitgliedern des Netzwerkes zugänglich gemacht werden können. Über die Plattform werden Berichte, Publikationen und wissenschaftliche Texte ausgetauscht sowie praktische Arbeitsmaterialen, wie Flyer, Poster, Filme, Schulungsunterlagen sowie Erfolgsgeschichten und Veranstaltungshinweise bekannt gegeben. Um die über die Plattform verteilten Daten systematisch zugänglich zu machen und aufzubewahren, ist eine Informationsdatenbank geplant, auf deren Dokumente alle Mitglieder leichten und schnellen Zugriff haben. Die Plattform wird zudem für moderierte Diskussionsrunden zu RTI-spezifischen Themen benutzt.


Welche Vorteile bieten das Internet und die digitale Vernetzung für die Menschenrechtsarbeit?

Personen und Organisationen, die sich für die Menschenrechte einsetzen, vernetzen sich, weil sie durch den Austausch untereinander profitieren. Durch das so erlangte neue Wissen, Erfahrungen und gemeinsam entwickelte Ideen können alle Beteiligten ihre Arbeit verbessern und somit dem Ziel der Realisierung der Menschenrechte einen Schritt näher kommen. Das Internet erleichtert diesen wichtigen Austausch in erheblichem Maße.

Gerade länderübergreifende Netzwerke profitieren von der räumlichen und zeitlichen Entgrenzung durch das Internet. Für ein virtuelles Treffen ist es völlig belanglos, ob man sich in derselben Stadt oder im selben Land befindet, ob Reisepässe und Visa vorhanden sind oder wie es um die Entfernungen und Transportmöglichkeiten bestellt ist. Insbesondere in Ländern, in denen die Verkehrssysteme nicht so gut ausgebaut sind, kann Letzteres ansonsten zu erheblichem Aufwand und Zeiteinbußen führen.

Das Internet erlaubt es den Netzwerkmitgliedern, in kürzester Zeit für beliebig viele Mitglieder eine Fülle von Informationen bereitzustellen. Hierbei handelt es sich zunächst um eine quantitative Steigerung des Austausches. Dies führt zudem dazu, dass sich der Austausch inhaltlich diversifiziert, wodurch wiederum die Chancen steigen, dass auch spezifischere Interessen einzelner Mitglieder bedient bzw. debattiert werden.

Anders als bei früheren Medien, per Post und Fax verschickte Newsletter oder Telefonketten, ist nun eine viel interaktivere Kommunikation möglich. Informationen stehen für alle gleichzeitig bereit, und jeder kann darauf – für alle sofort sichtbar – reagieren. Diese interaktiven Möglichkeiten weichen oft vorhandene traditionelle, stark hierarchische Strukturen auf, sodass wesentlich mehr Personen sich trauen, sich in Gespräche einzubringen. Dies wiederum bereichert den Austausch um das Wissen und die Perspektiven von Personen, die bisher eher außen vor waren.

Ein weiterer Vorteil des Internets liegt in der Kostenersparnis. Wenn Strom, Computer und Internetanbindung erst einmal bestehen, so ist ein beliebig großer und steter Informationsaustausch ohne zusätzliche Kosten wie Porto- oder Reisekosten möglich. Dies ist besonders für Verwaltungsstrukturen und NGOs aus ärmeren Ländern sehr wichtig, deren Finanzmittel oft äußerst gering und mitunter unregelmäßig sind. Außerdem sorgt der technologische Fortschritt in Industrieländern für stetig sinkende Preise für ältere Internetinfrastruktur. Für eine Mitgliedschaft in einem onlinebasierten Netzwerk sowie für eine aktive Beteiligung innerhalb des Netzwerkes sind finanzielle Ressourcen kaum noch entscheidend.

Zudem ist die Kommunikation über das Internet idealerweise weniger Kontrollen oder Restriktionen vonseiten Dritter ausgesetzt. Für das Beispiel aus Südasien verhindert oder zumindest erschwert das Internet die Kontrolle der Diskussionsteilnehmer durch die Regierungen. Regierungen kontrollieren und verhindern die Teilnahme unliebsamer Personen an internationalen Konferenzen, indem sie diesen Personen keine Visa ausstellen. Auf die Teilnehmer einer Onlinekonferenz hingegen hat der Staat (auf legale Weise) wenig bis gar keinen Einfluss. Bei dem Beispiel aus den Andenstaaten beschneidet das Internet die Kontrollmöglichkeiten von oberen Hierarchieebenen. Auch innerhalb der Mitgliedsorganisationen kann die geringere Kontrolle somit eine wichtige Rolle spielen. Ein simples Beispiel: Eine Dienstreise zu einer Konferenz ist nicht ohne Genehmigung von oben möglich, die virtuelle Teilnahme an einer Onlinekonferenz ist hingegen leicht ohne Genehmigung umzusetzen. Hinzu kommt, dass an offiziellen Gesprächen und Treffen meist die Führungsriege teilnimmt. Im Internet können sich hingegen auch die unteren Arbeitseinheiten austauschen, ohne dass ihnen jemand über die Schulter schaut.

Die Möglichkeit, über das Internet zu kommunizieren, sorgt für eine stärkere Kontinuität des Austausches, da „Durststrecken“ leichter überbrückt werden können. Die finanziellen Mittel von NGOs schwanken mitunter stark, da diese von Spenden, einzelnen Projekten und Zuwendungen nationaler und internationaler Geber abhängen. Die Mitgliedschaft in kostenlosen oder sehr kostengünstigen onlinebasierten Netzwerken ermöglicht es NGOs auch bei zeitweise knappen Mitteln, sich weiterhin zu informieren, Kontakte zu knüpfen und zu pflegen, an Diskussionen teilzuhaben und Informationen zu verbreiten. Kurz gesagt: Sie können in ihrem Themenfeld aktiv bleiben. In Bezug auf die öffentliche Verwaltung sorgt der konstante Informationsaustausch für Kontinuität, selbst wenn eine politische Kraft abgewählt wird. Die Kommunikation erlebt daher eine Institutionalisierung, die es vorher nicht gegeben hätte.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass sich dank des Internets der Informationsfluss zwischen den Netzwerkmitgliedern verbessern lässt und sie somit mehr Wissen und Ideen für die Professionalisierung ihrer Arbeit erlangen können, da sie leichter über „Durststrecken“ hinweg aktiv bleiben und sich in Debatten einbringen können.


Welche Unterschiede gibt es zwischen internetbasierter Menschenrechtsarbeit in verschiedenen Kontexten?

Zwei Beispiele reichen bei Weitem nicht aus, um generelle Gemeinsamkeiten oder Unterschiede zwischen internetbasierten Menschenrechtsnetzwerken herauszuarbeiten. Dennoch werden im Folgenden die Ähnlichkeiten und Unterschiede aufgeführt, die uns bei unseren beiden Netzwerken aufgefallen sind. Diese Beobachtungen könnten ein Ausgangspunkt für wesentlich ausführlichere Untersuchungen sein, deren Ergebnisse dann auch verallgemeinert werden könnten.

Gemeinsamkeiten:

Für einen konstruktiven länderübergreifenden Informationsaustausch ist eine gemeinsame Sprache wichtig. In Lateinamerika ist dies durch die weit verbreitete Muttersprache sowie offizielle Landessprache Spanisch gegeben. In Südasien sind die Landes- und Muttersprachen verschieden, aufgrund der gemeinsamen Geschichte als britisches Kolonialgebiet ist Englisch jedoch sehr gebräuchlich.

Ein Netzwerk, das den Informationsaustausch zum Ziel hat, ergibt nur Sinn, wenn die Mitglieder von den Erfahrungen und dem Wissen der anderen profitieren können. Dies setzt nicht nur voraus, dass man sich ähnlichen bis gleichen Themen und Herausforderungen widmet. Auch die Rahmenbedingungen, unter denen die einzelnen Mitglieder agieren, müssen sich ähneln, damit die ausgetauschten Ideen und Lösungsvorschläge in den verschiedene Ländern – sicherlich leicht adaptiert – angewendet werden können.

Ein konstanter Informationsfluss wird ermöglicht. Diese eher quantitative Eigenschaft scheint jedoch auch qualitative Auswirkungen zu haben, indem die Anhäufung von Wissen auch zu einer vergleichenden Auswertung von Erfahrungen führt (Benchmarking).

Unterschiede:

Im Fall von E-Government (G2G) scheint der Fokus auf der Konvergenz zu liegen. Die gemeinsamen Themen der verschiedenen Behörden haben mehr Schlagkraft und können nun durchgesetzt werden. Menschenrechtstandards, die auf diese Weise durchgesetzt werden, scheinen auf einen gewissen Konsens unter den vernetzten Behörden zu stoßen. Möglicherweise verhindern die Einschränkungen des öffentlichen Handelns, insbesondere der Gesetzesvorbehalt, eine Ausweitung der Themen, die in diesen Netzwerken diskutiert werden. Die Logik der Normenkonformität scheint eher zum Konsens als zur Kreativität zu führen.

Im Fall der zivilgesellschaftlichen Vernetzung fällt die Berücksichtigung von länderspezifischen Rahmenbedingungen und somit von spezifischen Interessen der Mitglieder auf. Die Beachtung der konkreten Situation, in der sich die einzelnen Länder befinden, bzw. die gemeinsame Diskussion, wie sich Ideen und Praktiken auf andere Länder übertragen lassen, sind wichtig, um den Nutzen zu steigern, den die einzelnen Mitglieder aus dem Netzwerk ziehen. Dies hat gleichzeitig eine Diversifizierung des Wissens, der Diskussionsthemen und der produzierten Materialien, beispielsweise Publikationen, zur Folge.

Autor
Sherry Basta
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