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Welchen Mehrwert bieten digitale Medien im Unterricht? – Sieben Beispiele aus der Praxis kurz vorgestellt

Welchen Mehrwert bieten digitale Medien im Unterricht? – Sieben Beispiele aus der Praxis kurz vorgestellt

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Melanie Unbekannt, Jan Ulmer, Isabel Zorn, David Klett


Die Expertengruppe „Mehrwert durch digitale Medien im Unterricht“ befasste sich mit der praktischen Umsetzung der digitalen Medien im Unterricht. Ziel war es, herauszufinden, wo die digitalen Medien einen signifikanten Vorteil sowohl für Lehrerinnen und Lehrer als auch für Schülerinnen und Schüler bieten. Dazu entwickelte die Gruppe einen Fragebogen, den bereits ein Dutzend Schulen beantworteten. Darüber hinaus rief der Expertenkreis ein weiterführendes Blog (http://lernzellen.de/) ins Leben, auf dem Informationen, über weitere Projekte bereitstehen.

Die rasche technische Entwicklung und die Omnipräsenz digitaler Medien stellen nicht nur die Nutzer in Beruf und Alltag vor neue Herausforderungen, sondern auch im schulischen Kontext. Noch nie war es so einfach, an Informationen zu gelangen – aber noch nie so schwer, ihren Wahrheitsgehalt, ihre Relevanz und ihre Glaubwürdigkeit zu bewerten. Gerade deshalb ist es wichtig, schon früh die Fähigkeit auszubilden, mit der Vielzahl an Informationen souverän und verantwortlich umzugehen sowie diese bewerten und einordnen zu können. Mittlerweile haben sich Blogs, Wikis, Podcasts, Twitter sowie Netbooks und Tablet-PCs (iPads) als hervorragende Lernwerkzeuge etabliert.

Aus diesem Grund entschied sich eine Expertengruppe innerhalb der Initiative dafür, den Schwerpunkt auf die Praxis und den didaktischen Mehrwert der Medien im schulischen Kontext zu legen. Sie wollten anderen Schulen sowie den Lehrerinnen und Lehrern Mut machen, sich der digitalen Welt zu öffnen. Wie man verantwortungsvoll die digitalen Medien als Lernwerkzeuge in den Unterricht integrieren kann, zeigen ihre ausgewählten Beispiele.


Hauptaugenmerk lag vor allem auf der Sensibilisierung für Stärken, Schwächen und Gefahren der digitalen Medien beim Einsatz im Unterricht. Die Experten beschäftigten vordergründig zwei Fragen: Wo ist der fachdidaktisch-pädagogische Mehrwert? Wo wird der Unterricht sinnvoll und nachhaltig, wenn man digitale Medien nutzt? Gegenstand ihrer Untersuchung war ein Fragenkatalog, den die Lehrerinnen und Lehrer der ausgewählten Schulen beantwortet haben. Sie wendeten sich vordergrün- dig an Schulen, welche die digitalen Medien bereits über einen längeren Zeitraum in den Unterricht integriert haben. In Auszügen werden im Folgenden die Antworten wiedergegeben. Die ausführlichen Interviews und Beschreibungen der jeweiligen Projekte sind auf dem Blog http://lernzellen.de/ nachzulesen.
Aus Berlin stellen sie zwei Lernkonzepte vor – zum einen das Projekt Lernen mit der Wikitechnologie an der Archenhold Oberschule in Treptow-Köpenick und zum anderen den Einsatz von Twitter im Deutschunterricht an der Albrecht-Dürer- Oberschule in Neukölln.
Seit dem Schuljahr 2010/11 existieren an der Archenhold Oberschule so genannte Medienklassen, wo jeder Schüler ein Netbook besitzt, welches regelmäßig in allen Fächern – Sport und Kunst ausgenommen – verwendet wird. Zusätzlich wurde diesen Medienklassen je ein Klassenwiki von der Twoonix Software GmbH bereit gestellt. Dieses Klassenwiki ist zentrales Kommunikations- und Speichermedium für den Lernstoff aller Fächer. Sowohl Lehrer als auch Schüler haben festgestellt, dass kollaboratives Erarbeiten und Dokumentieren von Lerninhalten für das nachhaltige Merken des Gelernten von Vorteil ist. Doch nicht nur das – auch Zusammenhänge von historischen Ereignissen mit technischen Entwicklungen können damit abgebildet und leicht nachvollziehbar dargestellt werden. Darüber hinaus ist das Klassenwiki nicht nur eine Lernplattform, sondern auch ein gruppeninternes soziales Netzwerk geworden. Die Schüler organisieren sowie dokumentieren ebenfalls mit ihrem Wiki Wandertage und auch Klassenfahrten.

Der Grundkurs Deutsch der Neuköllner Albrecht-Dürer-Oberschule entschied sich in einem sechswöchigen Unterrichtsprojekt mittels des Kurznachrichtendienstes Twitter die Thematik der Epoche des Sturm und Drangs anzueignen. Es ging um eine neue Öffentlichkeit vormals sehr privater ␣emen wie Liebe, Freundschaft, Freude, Angst und Traurigkeit. Diese Spannweite – verdichtete Sprache einerseits und das Spiel mit (globaler) Veröffentlichung sehr privater Inhalte andererseits – wurde im Kurznachrichtendienst Twitter widergespiegelt. Der Erkundungsgang durch das sprachliche Gestern mit Hilfe mobiler High-End-Kommunikation entfaltet katalytische Kraft und Twitter begegnet als ein spannendes Tool, das u.a. auch für das Publizieren von Gedanken und Sprachspielen steht. Die vom Mediendesign her geforderte Beschränkung auf 140 Zeichen fördert zugleich Sprachbewusstsein und Textkompetenz.

Fazit des Modellprojektes: Grundsätzlich erscheinen die Einbindung von Twitter und die Erkundung seiner künstlerisch-kreativen Dimension bezogen auf sprachspieleri- sche Gestaltungsmöglichkeiten in den Deutschunterricht als ein tragfähiger Ansatz für Medien- und Netzkulturlernen in der Schule. Für andere Altersstufen und Schul- formen kann anhand entsprechend variierter literarischer Leitthemen und Genres wie Märchen, Kinderreime, Haikus, Gedichte der Moderne o.Ä. – das didaktische Grundkonzept beibehalten und für andere Twitteratur-Projekte weiterentwickelt werden.

Das Eichendoff-Gymnasium in Koblenz (Rheinland-Pfalz) hat ein Blogprojekt (http://paulskirchenprojekt.wordpress.com/) im Geschichtsunterricht zur Thematik der Paulskirche durchgeführt. Ziel des Projektes war es, das eigenständige und produktorientierte Lernen zu fördern sowie fachliche und mediale Kompetenzen auszubauen. Während des Unterrichts erarbeiteten die Schülerinnen und Schüler selbstgesteuert in Partnerarbeit oder in Kleingruppen den Lernstoff. Die Arbeitsphasen waren stets durch den Lehrer begleitet und betreut. Die erstellten Produkte werden im Unterricht zu gegebenem Zeitpunkt immer wieder aufgegriffen, sodass diese bei ähnlichen Themen unterstützend wirken.

Das Kaiserin-Augusta-Gymnasium in Köln hat sich vor mehr als einem Jahr ent- schieden, einen Klassensatz iPads für die gesamte Schule anzuschaffen. Jeder Lehrer kann die Geräte über das Abstimmungstool Doodle reservieren, so sind die Geräte für jeden Unterricht nutzbar, sogar in Sport. Die iPads liefern vor allem den Zugang zu den Web2.0-Tools Blog und Wiki, die am häu␣gsten verwendet werden. Neben der Erstellung von eigenen Artikeln werden Podcasts, Videos oder eigene Musik- stücke produziert. Je nach Ziel der Unterrichtseinheit werden die Erzeugnisse auch in anderen Jahrgängen wieder aufgegriffen. Häufig sind die Produkte allerdings Präsentationsergebnisse einer Erarbeitungsphase und werden dann nicht weiter verwendet. Für Sie, den Leser, ist sicher auch interessant zu wissen, wie die Anschaffung finanziert wurde. Gemeinsam mit engagierten Lehrern und dem Förderverein der Schule wurden die iPads angeschafft. Detaillierte Informationen zum Projekt Lernen mit iPads können Sie sich in dem Interview (http://www.youtube.com/ watch?v=3w6EEbiCVSQ) ansehen oder aber im Blog (http://ipadkas.wordpress. com/) sowie im Wiki (http://wikis.zum.de/kas/Hauptseite) nachlesen.

Bisher haben wir nur Oberschulen vorgestellt, jedoch auch Grundschulen entdecken den Mehrwert der digitalen Medien für den Unterricht, so die Katholische Grundschule Dionysius in Nordrhein-Westfalen. Stefanie Welzel berichtete mit Begeisterung von ihren Erfahrungen mit den SMARTboards und den iPads im Unterricht. Die digitalen Tafeln sind bereits seit knapp zwei Jahren erfolgreich in festen Klassen im Einsatz. Das Lernen mit iPads steht noch in den Anfängen, denn nach mehreren Testphasen wurden sie erst in diesem Schuljahr eingeführt. Zusätzlich arbeitet die Schule mit der Lernplattform Moodle. Darüber werden zum einen digitale Inhalte (Videos, Hörmedien, Texte) individuell in geschlossenen Lernräumen zur Verfügung gestellt und zum anderen stellen die Kinder ihre Lerninhalte dort selbst her (u.a. Geschichten schreiben, Lösungen zu mathematischen Knobelaufgaben präsentieren.). Moodle stellt das Bindeglied zwischen Elternhaus und Schule dar.
Ein weiteres Ziel ist es, dass die Tablet–PCs in allen Unterrichtsfächern genutzt werden. Nach nur wenigen Monaten konnte Frau Welzel schon bemerkenswerte Schlussfolgerungen ziehen. Mit Hilfe der iPads und der SMARTboards wird der Unterricht schüler-, produkt- und zielorientiert. Die Kreativität und Talente der Schülerinnen und Schüler können sehr gut gefördert werden. Aufgrund der intuitiv kinderleichten Bedienung entwickeln die Kinder mit Hilfe der Produktions-Apps, wie z.B. puppet pals, Keynote oder Garageband, selbstständig Materialien Videos, Präsentationen, Podcasts oder Musikstücke. In einem kurzen Film unter http://dio.moodleschule.de/course/view.php?id=20 erhält man einen guten Einblick in die Lernszenarien mit den digitalen Medien.

Im Freizeitprojekt der sozialpädagogischen Jugendarbeit“-Local Beatz-“ wurden Stadtteil-Raps gestaltet. Das Projekt bietet sich auch für einen fächerübergreifenden Musik- und Deutschunterricht an.

Angeleitet von Ulrich Tausend und Tobias Helmlinger in einem Projekt der Freizeitstätte KistE (Träger: Katholisches Jugendsozialwerk München e.V.) machten Jugendliche Tonaufnahmen in ihrem Stadtteil mit Hilfe von Aufnahmefunktionen von Smartphones und Tablet-Computern. Diese Sounds schnitten sie zu Geräusch- collagen zusammen. Dafür eignen sich besonders gut Softwarelösungen wie Movbeats, MadPad oder auch Audacity. In einer Textwerkstatt werden von den Jugendlichen Lyrics verfasst und zu dem musikalischen Grundgerüst gerappt. Auf diese Weise entsteht ein Song über den Stadtteil – ein Local Beat. Das Projekt ermöglicht die kritisch-konstruktive Auseinandersetzung mit der eigenen Lebenswelt, mit aktueller Musikkultur sowie den kreativen Selbstausdruck. Die Songs wurden im Internet veröffentlicht und die Jugendlichen treten so in Auseinandersetzung mit Gleichaltrigen. Das hohe Engagement, mit dem sie sich selbst in die Produktion einbrachten, verweist auf die hohe persönliche Bedeutung und Relevanz dieser Auseinandersetzung und Erfahrung mit neu zu erlernenden Fähigkeiten.

Der Grundtenor gegenüber digitalen Medien war bei den Befragten durchweg posi- tiv. Die Möglichkeiten, die sich im Schulalltag eröffnen, sind enorm. Schließlich ist die Bedienung der Geräte und der Web-2.0-Tools leicht zu erlernen. Im täglichen Einsatz legten alle Lehrerinnen und Lehrer vor allem Wert darauf, dass die Schülerinnen und Schüler eigene Produkte erzeugen und gemeinsam in der Gruppe lernen.

Das Fazit der Expertengruppe zum Einsatz digitaler Medien im Unterricht: Es verdichten sich die Hinweise, dass Schülerzufriedenheit und eventuell auch Leistungssteigerung mit dem Einsatz der verschiedenen medialen interaktiven Medien zusammenhängen. Die Beispiele zeigen, dass sich sowohl Schülern als auch Lehrern neue Perspektiven eröffnen. Aufgabenstellungen können an das Leistungsniveau der Schüler angepasst werden, Lernprozesse werden transparenter und Schüler haben die Chance, durch die Tools verborgene Talente zum Vorschein zu bringen.


Lernzellen screenshot.jpg
Abb. 1: www.lernzellen.de


Weitere Projekte und Projektansätze sind auf dem Blog der Expertengruppe http://lernzellen.de/ zu finden. Der Blog wird weiterhin regelmäßig Projekte vorstellen und eine Anlaufstelle sein, bei der Informationen zum Mehrwert digitaler Medien im Unterricht gefunden werden können. Ziel ist es, Interessierte zum Nachahmen zu ermutigen und den Schritt in die digitale Gesellschaft zu wagen.

Quellen:

Medienpädagogischer Forschungsverbund Südwest (Hrsg.) (2012): JIM 2012. Jugend, Information, (Multi-)Media Basisstudie zum Medienumgang 12- bis 19-Jähriger in Deutschland. Online verfügbar unter: http://www.mpfs.de/index.php?id=527. Stand: 20.01.2013.
Kübler, Hans-Dieter/Elling, Elmar (Hrsg.) (2004): Wissensgesellschaft. Neue Medien und ihre Konsequenzen. Bonn: Bundeszentrale für politische Bildung.
Der Fragenkatalog der Expertengruppe ist einsehbar unter: http://lernzellen.de/fragenkatalog/


Weitere Informationen zur Initiative "Lernen in der digitalen Gesellschaft – offen, vernetzt, integrativ".

Autor
Kristin Narr
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